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PsBB – Psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstelle, Pfaffenhofen/Ilm

Die Bandbreite der Menschen hier ist riesig und reicht von der jugendlichen Kifferin bis zum Trunkenheitsfahrer. Auch Ehepartner von Alkoholbetroffenen oder auch die Oma mit Sorgen um ihren Enkel werden von Stephan Lohschelder betreut. Hier erzählt er sehr lebendig aus seinem Alltag …

PsBB Pfaffenhofen / Ilm – mehr als ein Highlight jeden Tag

„Seit 2006 sind mir in der Pfaffenhofener Beratungsstelle tatsächlich 1375 Menschen begegnet; das waren – teils auch nur in Nuancen – 1375 unterschiedliche Wegstrecken und genauso viele Schlüsselmomente.“ Und Stephan Lohschelder blickt zudem auf weitere 2600 Highlight im Alltag zurück.

 

Stephan Lohschelder, PsBB Pfaffenhofen – ein Suchtberater mit einem Faible für Statistik!

Interview

Wer bist Du?
Mein Name ist Stephan Lohschelder, ich bin gebürtiger Sauerländer (also von der Mentalität dem Bayer nicht so unähnlich), 59 Jahre alt, verheiratet, habe eine Tochter (12; „meine kleine Eule“), daneben gehören zu uns noch zwei ältere Töchter meiner Frau (28 + 25 Jahre), 2 Aquarien, dort verwirrend viel Nachwuchs (Antennenwelse und Platies) und ein Hund („Filou“). Ansonsten bin ich ein großer Statistikfreund :)

Seit wann im Verein?
Seit 2006 und es dürfte – goldene Löffel gibt es in klammen Suchtberatungen bekanntlich nicht – vermutlich bis zu Rente so bleiben.

In welcher Einrichtung arbeitest Du?
In der Psychosozialen Beratungsstelle Pfaffenhofen / Ilm, zu der noch die Außenstelle Manching gehört.

Warum hast Du Dich für diese Einrichtung entschieden bzw. warum für Prop?
Nach vorab vier Jahren in einer Alkohol-Fachklinik mit recht festgefahren, verknöcherten Strukturen, wollte ich „Back to the roots“, also Richtung Beratungsstelle, wo ich 1995 in die Suchtarbeit eingestiegen war. Pfaffenhofen passte beidseitig exzellent, wo kurz vorher mit Leitungswechsel ein Neuanfang in die Wege geleitet wurde. Bayern war für den Westfalen in mir natürlich gewöhnungsbedürftig.

Welche Menschen kommen zu Dir?
Personen über die Generationen hinweg: Da ist die jugendliche Kifferin genauso dabei wie der Trunkenheitsfahrer. Da kommt die Ehepartnerin eines Alkoholbetroffenen, der dann später selbst einen Termin macht. Oder auch die Oma mit Sorgen um ihren Enkel.

Worum geht es in Deiner Arbeit?
Es geht aus meiner Sicht in der Suchtarbeit grob darum, unsere Gegenüber zu motivieren und zu begleiten auf ihren Entscheidungswegen, die sich im optimalen Fall hin zu einer zufriedenen Abstinenz bewegen. Hier ist man gefordert in stetig wechselnden Funktionen und Rollen, was ich als durchgehend spannend erlebe: Sei es als der gute Geist, der Zuhörer, der Motivierende, der Mahner, der Anstoßende, der Versorgende, der Stützende, der Ratgeber, der Zuversichtliche, der Klartextsprechende, der Kreative u. v. a. m

Gibt es etwas, was Dich an Deiner Arbeit begeistert – ein Schlüsselmoment?
Ich mag den Typus „Suchtbetroffener“ in seiner Art, Tiefe und auch hohen Nachdenklichkeit. Menschen auf ihren ganz persönlichen Wegen begleiten zu dürfen, hat etwas intensiv Erfüllendes. Seit 2006 sind mir in der Pfaffenhofener Beratungsstelle tatsächlich 1375 Menschen begegnet; das waren – teils auch nur in Nuancen – 1375 unterschiedliche Wegstrecken und genauso viele Schlüsselmomente. 

Was gefällt Dir an Deiner Arbeit?
Es ist seit jeher die Gruppenarbeit, die mich mit besonderer Begeisterung erfüllt und dabei hohes Engagement und Kreativität bei mir freisetzt. Betroffene gehen in eine ihnen bis dato unbekannte Offenheit, ein Einzelner nimmt sich das Gegenüber als Vorbild und Modell, die Stimmung ist in und trotz der Schwere des Themas in guten Gruppen auch regelmäßig fröhlich und ausgelassen – und vielfach am Ende für die Teilnehmer befreiend. In mittlerweile 26 Berufsjahren bei im Schnitt vermutlich zwei Gruppen pro Woche sind auf die Art ca. 2600 Highlights im Alltag entstanden. Besonders gefällt mir der Start einer Gruppe, so jetzt kürzlich beim Aufbau einer Orientierungsgruppe-Drogen oder eine Indikationsgruppe MPU (im Medium Zoom).

Was wünscht Du Dir für die Zukunft im Jugend- und Suchthilfebereich?
Ich hoffe, dass es mit den offensichtlichen Krisen in unserer modernen Gesellschaft (Pandemie / Klima) zu einer Entschleunigung im Leben kommt, denn das brauchen gerade diejenigen, die suchtgefährdet oder betroffen sind.

Gibt es noch etwas was Du loswerden möchtest?
Die Maxime guter Suchtarbeit sehe ich in zwei Gedanken, die die Anonymen Alkoholiker sehr prägnant auf den Punkt gebracht haben:

  • Du schaffst es nicht allein, aber nur Du allein kannst es schaffen.
  • Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterschieden.