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L43 – Drogennotdienst – das Überleben sichern

Mitten in München gibt es für Konsument*innen illegaler Drogen, Substituierte und Therapieabbrecher*innen diese zentrale Anlauf- und Beratungsstelle. Sozialpädagoge Claus Debnar bietet dort niedrigschwellige Sofortangebote. Hier beschreibt er die schwierigen Bedingungen.

 

L43 – für Menschenwürde und Selbstbestimmung

Claus Debnar weiß, wie er am besten mit Konsument*innen illegaler Drogen umgeht, die oft obdachlos sind und meist Jahre oder Jahrzehnte der Sucht hinter sich haben: „Wir erkennen in ihnen erwachsene Persönlichkeiten mit einem Recht auf eigene Entscheidungen …“. Keine leichte Arbeit, die ihm die Bedingungen noch erschweren …

Claus Debnar, 53, Sozialpädagoge BA, L43, arbeitet seit 2015 bei Prop e.V.

Mitarbeiter-Portrait

Nicht wir geben die Ziele vor, sondern unsere Klient*innen.

Mein Weg in die soziale Arbeit war kein gradliniger. Nach einem abgebrochenen Germanistikstudium und 11 Jahren am Münchener Flughafen als Loader begann ich im Alter von 40 Jahren ein Studium der Sozialen Arbeit an der Hochschule Pasing. Nun bin ich 53 und arbeite seit 2015 bei Prop e.V. im L43.

Für mich war bereits während des ersten Semesters klar, dass die niedrigschwellige Suchtarbeit genau meinen Wünschen und Vorstellungen entspricht. Damit ergab sich das L43 beinahe von selbst als Arbeitsplatz. Nirgendwo in München lassen sich die Möglichkeiten niedrigschwelliger und akzeptierender Suchtarbeit umfassender ausschöpfen – sowohl was Tiefe als auch Umfang betrifft – als in einer Einrichtung in Bahnhofsnähe, die neben Beratung auch eine Notschlafstelle und Kontaktladenarbeit anbietet.

Wir arbeiten mit Konsument*innen von illegalen harten Drogen, die oft obdachlos sind und in der Regel Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte der Sucht hinter sich haben. Diese spezielle Klientel ist durch ein Clean-Paradigma nicht mehr zu erreichen. Und um „clean- sein“ oder „clean- werden“ geht es bei unserer Arbeit auch nicht, sondern darum, die User*innen darin zu unterstützen, mit ihrer Sucht ein menschenwürdigeres und selbstbestimmteres Leben zu führen. Klient*innen, die clean werden wollen vermitteln wir natürlich in eine entsprechende Einrichtung. Ansonsten setzt unsere Hilfe eben an anderen Punkten an. Es ist genau dieser wertschätzende und emanzipatorische Ansatz, den ich ganz besonders schätze. Nicht wir, die Professionellen, geben die Ziele vor, sondern unsere Klient*innen. Wir erkennen in ihnen erwachsene Persönlichkeiten mit einem Recht auf eigene Entscheidungen. Und wir schaffen, im Bereich unserer Möglichkeiten, der Würde einen Raum, dieses Recht auch wahrzunehmen.

Unter den herrschenden Bedingungen bedeutet unsere Arbeit aber auch die Fortschreibung unmenschlicher Verhältnisse durch das Erträglichmachen unerträglicher Lebenslagen. Die „herrschenden Bedingungen“ werden in unserem Fall von einer Drogengesetzgebung definiert, die erwiesenermaßen jene Probleme zum Großteil erst schafft, die sie vorgibt zu bekämpfen. Eine wirklich nachhaltige Suchtarbeit wird erst möglich sein, wenn ihre Rahmenbedingungen nicht mehr durch eine ideologiebasierte Politik der Prohibition bestimmt werden, sondern durch eine faktenbasierte Politik der Emanzipation.