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KoB Freising – Kontakt- und Begegnungsstätte

„Hier geht es um Kontakt und Begegnung für suchtgefährdete und suchtkranke Menschen, die kaum sozial eingebunden sind. Bei uns finden diese Menschen einen Ort, an dem sie willkommen sind und auch unterschiedlichste Hilfen finden.“ Erfahren Sie hier, was Brigitte Limmer-Hanrieder und ihre vier Kolleg*innen täglich bewegt.

KoB Freising – lernen, das Leben als Geschenk zu verstehen

„Wow, wenn es euch nicht geben würde, dann gäbe es viel mehr Menschen, denen es schlecht geht.“ So beschreibt Nicole Eßig, Ergotherapeutin einen ihrer Schlüsselmomente. In jedem der folgenden Interviews gibt es solche Highlights und ganz individuelle Sichtweisen. Das ist wirklich spannend …

 

Im Team der Kontakt- und Begegnungsstätte Freising arbeiten Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagog*innen sowie eine Ergotherapeutin Hand in Hand.

Interviews

Wer bist Du?
Moin. Ich bin Antje Wintziger, 32 Jahre alt und bin Sozialarbeiterin.

Seit wann im Verein?
09/2018

In welcher Einrichtung arbeitest Du?
Kob FS, temporär hin und wieder in der PsBB ED

Warum hast Du Dich für Deine Einrichtung entschieden bzw. warum für Prop?
Mir war es wichtig, bei einem freien Träger tätig zu sein sowie einen abwechslungsreichen Arbeitsalltag zu haben. In der KoB ist jeder Tag anders und das empfinde ich als sehr wertvoll.

Welche Menschen kommen zu Dir?
Überwiegend Menschen mit riskantem Konsumverhalten oder Betroffene, die eine Abhängigkeit entwickelt haben. Jeder von ihnen ist einzigartig und hat eine ganz eigene Geschichte zu erzählen.

Worum geht es in Deiner Arbeit?
Kontakt und Begegnung ganz klar. Die KoB bietet hauptsächlich einen geschützten Rahmen mit lebenspraktischen Angeboten zur Alltagsstrukturierung und Unterstützung bei sozialrechtlichen Fragen.

Gibt es etwas, was Dich an Deiner Arbeit begeistert – ein Schlüsselmoment?
Vor allem die Dankbarkeit und Wertschätzung vieler Besucher für unsere Tätigkeit.

Was gefällt Dir an Deiner Arbeit?
Die Vielseitigkeit und Vermittlung positiver Beziehungserfahrungen.

Was wünscht Du Dir für die Zukunft im Jugend- und Suchthilfebereich?
Vor allem wünsche ich mir mehr Akzeptanz gegenüber den Betroffenen. Denn gibt es massive, durch die Gesellschaft und Medien initiierte Vorurteile bezüglich des komplexen Themas ‚Abhängigkeit‘. Diesen gilt es, kontinuierlich entgegenzuwirken.

Speziell für den Jugendbereich wünsche ich mir weniger strafrechtliche Verfolgung und mehr Sensibilisierung, Aufklärung sowie einen verantwortungsvollen Umgang mit der ganzen Thematik. Das impliziert für mich nicht nur die betroffenen Personen. Auch auf politischer sowie soziologischer Ebene gilt es, einiges voranzutreiben.

Gibt es noch etwas was Du loswerden möchtest?
Selbstfürsorge sowie die strikte Trennung zwischen Berufs- und Privatleben ist für mich von essenzieller Bedeutung.

Wer bist Du?
Brigitte Limmer-Hanrieder, 1979 geboren und Dipl. Sozialpädagogin.

Seit wann im Verein?
09/2019

In welcher Einrichtung arbeitest Du?
Kontakt- und Begegnungsstätte Freising

Warum hast Du Dich für diese Einrichtung entschieden bzw. warum für Prop?
Nach langer Tätigkeit in der offenen Kinder- und Jugendarbeit, wollte ich neue Erfahrungen in einem für mich neuen Fachbereich sammeln.

Mir hat beim ersten Besuch in der KoB die Stimmung sehr gut gefallen, die unter den Besuchern und dem Team herrschte.

Welche Menschen kommen zu Dir?
Suchtgefährdete und suchtkranke Menschen, die oft auch an Einsamkeit leiden.

Worum geht es in Deiner Arbeit?
Um Kontakt und Begegnung für suchtgefährdete und suchtkranke Menschen, die kaum sozial eingebunden sind. Bei uns finden die Menschen einen Ort, an dem sie willkommen sind und auch unterschiedlichste Hilfen und Unterstützung finden, wenn sie diese wollen. 

Gibt es etwas, was Dich an Deiner Arbeit begeistert – ein Schlüsselmoment?
Die unterschiedlichsten Menschen mit ihren Lebensgeschichten, die in die KoB kommen und die gute Annahme und hohe Wertschätzung für unser Angebot.

Was gefällt Dir an Deiner Arbeit?
Das offene Konzept. Das spontane und situationsorientierte Arbeiten.

Was wünscht Du Dir für die Zukunft im Jugend- und Suchthilfebereich?
Speziell für Freising eine Übernachtungsmöglichkeit für obdachlose, suchtkranke Menschen.

Wer bist Du?
Felix Hartl (geb. 1964), Diplom Sozialpädagoge (FH)

Seit wann im Verein?
2009 habe ich die Kontakt- und Begegnungsstätte aufgebaut und leite diese bis heute.

In welcher Einrichtung arbeitest Du?
Kontakt- und Begegnungsstätte, kurz: KoB, in Freising.

Kontakt- und Begegnungsstätten haben eine lange Geschichte. Die erste wurde bereits in den 1970er Jahren in New York gegründet – damals als „Social Club“. Tradition ist wichtig, wenn man die Geschichte und den Auftrag der Kontakt- und Begegnungsstätten verstehen will. Die Idee, Menschen einen Raum der Begegnung zu bieten, eine Möglichkeit soziale Bindungen zu knüpfen, soziale Netzwerke aufzubauen, als Gemeinschaft in sozialer Interaktion das eigene Lebensumfeld erweitern zu können, ist großartig.

Warum hast Du Dich für diese Einrichtung entschieden bzw. warum für Prop?
Der Aufbau einer „eigenen“ Einrichtung hat mich sehr gereizt. Bereits Jahre zuvor habe ich eine Übergangseinrichtung für suchterkrankte Menschen in Taufkirchen (Vils) gegründet und aufgebaut. Das war ein sehr schöner Lebensabschnitt. Prop e.V. kannte ich schon sehr lange durch meine frühere Tätigkeit an dem Bezirkskrankenhaus Taufkirchen (heute: kbo Kliniken Taufkirchen). Schon damals hat Prop e.V. Eindruck hinterlassen – es war etwas Besonderes mit Prop e.V. zu arbeiten. Auch die Aussage auf der Homepage von Prop e.V. „den Mitarbeitern so viel Freiheit wie möglich und so viel Führung wie nötig“ zu geben, entsprach meiner Auffassung von einer guten Mitarbeiterführung.

Welche Menschen kommen zu Dir?
Großartige erwachsene, suchterkrankte Menschen mit sehr interessanten Lebensgeschichten. Das Leben zu meistern ist für alle Menschen ein Problem und eine Frage der Energie. Neben ihrer Suchterkrankung machen sich viele unserer Besucher Sorgen aufgrund ihrer finanziellen Situation. Wie die Miete zahlen? Das ist normal. Da müssen Lösungen gefunden werden. Wir versuchen, unseren Besuchern das Gefühl und die Hoffnung mitzugeben, das Beste aus ihrem Leben zu machen, unabhängig von materiellen Umständen – das ist entscheidend. Ihr Leben als Geschenk zu verstehen und nicht als Last. Alle unsere Besucher kommen freiwillig und entscheiden sich jeden Tag, ob sie in die KoB kommen oder nicht.

Worum geht es in Deiner Arbeit?
Wir bieten Menschen aus Freising und Umgebung die Möglichkeit, in Gemeinschaft ihren Tagesablauf sinnvoll zu gestalten und zu strukturieren. Ziel ist es, der psychischen, physischen und sozialen Beeinträchtigung entgegenzuwirken. Unsere Besucher*innen erhalten, ausgehend vom individuellen Bedarf, Unterstützung im Lebensalltag, psychosoziale Beratung und Begleitung und nicht zuletzt Unterstützung auf ihrem Weg in ein suchtmittelfreies Leben. Die Begegnungen mit Besucher*innen und die Begegnungen untereinander stehen im Vordergrund unserer Arbeit: Die Beziehungsarbeit, die tägliche improvisatorische Gestaltung der sozialen Welt in der KoB. Wir haben es mit einer dialektischen Gleichzeitigkeit des Verschiedenen zu tun. Sehr unterschiedliche Menschen treffen aufeinander, versuchen, jeder für sich, eine optimale Tages- und Lebensgestaltung zu finden. 

Gibt es etwas, was Dich an Deiner Arbeit begeistert – ein Schlüsselmoment?
Mich begeistert das ganze Projekt „KoB“ insgesamt. Jeder Tag bietet im „Hier und Jetzt“ endlos viele Möglichkeiten. Wenig ist planbar – jeder Tag entsteht neu, in jedem Augenblick mit den Menschen, die zu uns kommen. Diese Gegenwärtigkeit der Arbeit, dieses Studium der Realität des Augenblicks, ist besonders schön. Darüber hinaus gibt es immer wieder „Meilensteine“, die begeistern. Unsere erste Vernissage, die erste CD-Aufnahme mit der KoB-Band, die Entwicklungen innerhalb des Musikprojektes oder auch der Kunstprojekte, die Entwicklung einzelner Besucher*innen und vieles mehr macht glücklich. Glücklich zu sein kommt vor dem Erfolg, es ist der Grund für den Erfolg. Aber Glück ist schwer fassbar – und es hat eine Opposition. Meine persönlich schönsten Momente habe ich jeden Tag, wenn ich um halb sechs Uhr in der Einrichtung ankomme, alles noch ganz ruhig und still ist und ich das Erwachen der Stadt und der KoB beobachten kann.

Was gefällt Dir an Deiner Arbeit?
Was mich jeden Tag inspiriert ist, den besten Weg zu finden mit meiner Verantwortung für jeden Moment an diesem Tag, mit Demut, Achtsamkeit, Balance und Respekt für jeden Menschen. Im langen Lauf des Lebens ist das einzige Instrument, das gemeistert werden muss: Konzentration. Die Fokussierung auf dem Moment, so präzise wie möglich, mit jedem Aspekt, ist eine Priorität, die man bei der Arbeit im KoB gut lernen kann. Die soziale Interaktion mit anderen Menschen, in Verantwortung und mit Werten daran teilzunehmen, das Selbstwertgefühl auf so viele Arten wie möglich zu stärken, diese Vielfalt erlebbar zu machen, zu erleben, in einer Kontinuität, ist das Schöne an dieser Arbeit.

Was wünscht Du Dir für die Zukunft im Jugend- und Suchthilfebereich?
Ein Mensch hat ein Erlebnis und ein entsprechendes Gefühl. Bei einer Suchterkrankung ist es jedoch u. a. so, dass bereits durch das Suchtmittel, die süchtige Verhaltensweise, ein Gefühl entsteht, bevor das Erlebnis eintritt. Das Erlebnis passt dann nicht mehr zum Gefühl – was ja letztlich auch die Absicht ist. Wie kann dies wieder umgekehrt werden? Ich wünsche mir in der und durch die Suchtforschung vertiefende Einblicke und Lösungsmöglichkeiten, neue Ansätze der Behandlung. Auch Fragestellungen wie „Sucht und Zeit“ oder „Sucht und Heimat“ sind nicht genügend erforscht. Konkret für den Raum Freising wäre es schön, wenn es Übernachtungsmöglichkeiten für obdachlose, suchtmittelabhängige Menschen geben könnte – so wie die frühere Herberge in Freising, welche leider vor ca. 5 Jahren geschlossen wurde.

Gibt es noch etwas was Du loswerden möchtest?
Die Trennung von Arbeit und Freizeit erscheint mir persönlich nicht sinnvoll. Für mich ist dies alles Leben – mein Leben. Dieses Leben ist grundsätzlich kreativ, ein „künstlerischer“ Zustand mit dem entscheidenden Vorteil, Kraft und Intuition nutzen zu können. Dies bedeutet mehr, als wenn man seine Tätigkeit lediglich als Beruf oder Arbeit definiert und die „freie“ Zeit davon abspaltet.

Wer bist Du?         
Nicole Eßig, 25, Ergotherapeutin

Seit wann im Verein?    
10/2019

In welcher Einrichtung arbeitest Du?
KoB Freising

Warum hast Du Dich für diese Einrichtung entschieden bzw. warum für Prop?
Spannendes Arbeitsfeld, großes Interesse an Suchthilfe meinerseits, tolles Team.

Welche Menschen kommen zu Dir?
Mehrfach- und Einfach-Suchterkrankte, Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, die ein Stück Normalität suchen.

Worum geht es in Deiner Arbeit?
Tagesstrukturierende Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Abstinenz und Stabilisierung der psychischen Verfassung. Wir wollen ein Anker für die Menschen sein.

Gibt es etwas, was Dich an Deiner Arbeit begeistert – ein Schlüsselmoment?
Zum einen die Wertschätzung der Besucher*innen, die für jeden Tag dankbar sind, den sie bei uns verbringen können. Aber auch das Wissen, dass die Anerkennung für unsere Arbeit in der Öffentlichkeit immer größer wird. Ein Zitat aus einem Gespräch mit einer Dame: „Wow, wenn es euch nicht geben würde, dann gäbe es viel mehr Menschen, denen es schlecht geht.“

Was gefällt Dir an Deiner Arbeit?
Die große Freiheit, die mir mein Arbeitsalltag in der Gestaltung bietet. Ich bin ein Energiebündel, voll mit kreativen Ideen. Die KoB bietet mir die Möglichkeit, meine kreative Ader voll und ganz auszuleben. In der Kunstgruppe oder im KoB Alltag kann ich zusammen mit Besuchern*innen meine Ideen umsetzen.

Was wünscht Du Dir für die Zukunft im Jugend- und Suchthilfebereich?
Mehr Anlaufstellen für Betroffene und deren Verwandte.

Gibt es noch etwas was Du loswerden möchtest?
Das letzte Jahr war kein einfaches. Ich bin froh, dass wir jetzt wieder verstärkt die Möglichkeit haben, für unsere Besucher*innen da zu sein und ihnen die Hilfe zu bieten, die sie verdient haben.